karrieren, die verspielt, verschenkt, verpasst wurden ...


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wie ich meine, mal ein interessanter aspekt des boxsports. es gibt doch so einige boxer, die vlt gute voraussetzungen oder anlagen, aber nie den ganz großen durchbruch hatten. ich will mal als erstes einen nennen, der 2x deutscher meister im schwergewicht war (1969 und 1985)

charly graf 18 (11) - 4 (1) - 4

nachdem er bereits erfolge als gewichtheber hatte, wurde er mit einer sondergenehmigung bereits 2 tage vor seinem 18. geburtstag 1969 deutscher profi - schwergewichtsmeister, verteidigte seinen titel 6 mal und verlor seinen titel 1970 gegen den ersten "richtigen" gegner yvan prebeg, der vorher halbschwer-europameister war. diese niederlage hat er nicht verkraftet, hatte wenig "gute gesellschafft" und stieg ab ins mannheimer rotlichtmilieu, was ihm aus diversen gründen mehrere haftstrafen von insgesamt 6 1/2 jahren einbrachte.
im gefängnis lernte er den RAF - terroristen peter boock kennen, der ihn dazu brachte, das boxtraining wieder aufzunehmen. graf sorgte für die fitness des kränkelnden boock und boock sorgte für die bildung von graf, der so erstmals mit den werken von dostojewski, böll und grass konfrontiert wurde.
ab 1984 durfe er wieder kämpfen, als häftling, er wurde mit der "grünen minna" zu den kämpfen gefahren und während des kampfes von 2 vollzugsbeamten bewacht. gleich seinen ersten "come-back-fight" gewann er durch ko in der 2. runde. er bestritt weitere kämpfe und trat im märz 1985 zur deutschen meisterschaft gegen den amtierenden meister reiner hartmann an, der nach einer augenbraunverletzung aus dem kampf genommen wurde. somit war der strafgefangene "schwarze graf", der "ali von waldhof" deutscher meister im schwergeicht.
die revance 3 monate später endete unentschieden und graf behielt vorerst den meistergürtel. er verlor seinen titel im november 1985 gegen thomas classen, gegen den er schon einmal unentschieden geboxt hatte. danach trat er endgültig zurück. nach seine haftentlassung arbeitete er als lastwagenfahrer und engagierte sich später als sportbetreuer und laienlehrer/trainer von schwer erziehbaren jugendlichen. nachdem er zwischenzeitlich hartzIV bezieher war, begann er erneut mit der jugendarbeit und leistet seit dem in einer bezahlten anstellung präventive jugendarbeit am mannheimer schulen.

schade um die karriere, die er sich durch straftaten versaut hat. es ist einfach zu viel zeit vergangen, sonst hätte aus ihm leistungsmäßig vielleicht ein "deutscher sonny liston" werden können. wenigstens hat er jetzt seit jahren die kurve gekriegt, was liston nicht gelang.

12376291.jpg


http://www.box-sport-companie.de/HomeGraf.php

http://www.mannheim.de/io2/browse/webseiten/bildung/bildungonline/bildung/archiv/2008_03_21_3_charly_graf_de.xdoc
 
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Ante

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Was das Thema angeht, muss ich direkt an Bernard "Superbad" Mays denken.

Mays hat damals zur selben Zeit wie Thomas Hearns im Kronk Gym unter Emanuel Steward geboxt, als der Hitman auch noch Amateur war und Hearns stand nach eigenen Aussagen damals kurz davor das Boxen hinzuschmeißen, weil er, grob gesagt, keine Lust hatte mit Bernard Mays in den Ring zu gehen und von ihm verprügelt zu werden!
Mays hatte über 200 Amateurkämpfe und hat nur einen verloren. Steward sagt bis heute, dass er der talentierteste Boxer war, den er je trainiert hat. Vergleiche mit Sugar Ray Robinson waren nicht selten...
Mit 14 gewann er schon zum ersten Mal die Junior Olympics und angeblich waren die Hallen bei seinen Amateurkämpfe immer vollkommen gefüllt, da die Boxtrainer ihre Boxer zu seinen Kämpfen brachten, um ihnen zu zeigen wie man boxt.

Allerdings war er mit 16 wohl schon alkoholabhängig und hat kaum noch trainiert. Trotzdem hat er bei seinen Kämpfen nach durchzechter Nacht seine Gegner meist vollkommen vorgeführt.
Weder Steward noch seine späteren Trainer konnten Mays aber vom Alkohol abbringen. Als Profi gewann er seine ersten 40 Kämpfe angeblich alle (BoxRec hat ihn insgesamt nur bei 26(15)-1(1)-1, aber das will ja nichts heißen), bis er nach seiner ersten Niederlage ins Krankenhaus eingeliefert wurde und ihm dort gesagt wurde, dass aufgrund seiner Alkoholexzesse jeder Kampf im Grunde seinen Tod bedeuten könnte.
Er boxte nie wieder und starb 1994 im Alter von 33 Jahren in einem Pflegeheim an den Folgen seines Alkoholismus.

Wohl kaum zu überschätzen, was aus ihm hätte werden können...
 
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Schlonski

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Torsten May fällt mir da ein. Da war der Maskeboom noch voll da und er war eigentlich der auserwählte Nachfolger. Hat es aber psychisch nicht drauf gehabt.
 

rebeldeway

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Ist natürlich immer so eine Sache, wie man Erfolg definiert. Geht es um eine "verpasste" Profikarriere, könnte man wohl Peter Hussing anführen. Er war ein sehr erfolgreicher Amateur, x-facher deutscher Meister im Schwergewicht, Vize- und Europameister und Bronzemedaillengewinner in München und hätte bestimmt das Potential für eine große Profikarriere gehabt. Aber er wollte nicht, sondern hat Architektur studiert. Wahrscheinlich spielte es eine Rolle, dass das Profiboxen Anfang der Siebziger Jahre in Deutschland ziemlich am Boden lag, mit sehr schlechten Börsen, und das erschien Hussing zu unsicher...
 

Tobi.G

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Was das Thema angeht, muss ich direkt an Bernard "Superbad" Mays denken.

Mays hat damals zur selben Zeit wie Thomas Hearns im Kronk Gym unter Emanuel Steward geboxt, als der Hitman auch noch Amateur war und Hearns stand nach eigenen Aussagen damals kurz davor das Boxen hinzuschmeißen, weil er, grob gesagt, keine Lust hatte mit Bernard Mays in den Ring zu gehen und von ihm verprügelt zu werden!
Mays hatte über 200 Amateurkämpfe und hat nur einen verloren. Steward sagt bis heute, dass er der talentierteste Boxer war, den er je trainiert hat. Vergleiche mit Sugar Ray Robinson waren nicht selten...
Mit 14 gewann er schon zum ersten Mal die Junior Olympics und angeblich waren die Hallen bei seinen Amateurkämpfe immer vollkommen gefüllt, da die Boxtrainer ihre Boxer zu seinen Kämpfen brachten, um ihnen zu zeigen wie man boxt.

Allerdings war er mit 16 wohl schon alkoholabhängig und hat kaum noch trainiert. Trotzdem hat er bei seinen Kämpfen nach durchzechter Nacht seine Gegner meist vollkommen vorgeführt.
Weder Steward noch seine späteren Trainer konnten Mays aber vom Alkohol abbringen. Als Profi gewann er seine ersten 40 Kämpfe angeblich alle (BoxRec hat ihn insgesamt nur bei 26(15)-1(1)-1, aber das will ja nichts heißen), bis er nach seiner ersten Niederlage ins Krankenhaus eingeliefert wurde und ihm dort gesagt wurde, dass aufgrund seiner Alkoholexzesse jeder Kampf im Grunde seinen Tod bedeuten könnte.
Er boxte nie wieder und starb 1994 im Alter von 33 Jahren in einem Pflegeheim an den Folgen seines Alkoholismus.

Wohl kaum zu überschätzen, was aus ihm hätte werden können...

Das ist ja mal eine heftige interessante Geschichte!! Echt schade drum.
 

Emperor

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Klasse Thread, Fuchs :thumb: !

Mir fallen spontan ein paar Heavys ein, z.B. Toney, Corrie Sanders oder auch Vitali Klitschko :licht: . Ist ein bisschen spät jetzt ;), die jeweiligen Begründungen reiche ich morgen nach. Die Namen wollte ich einfach schon mal loswerden :wavey: .
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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@ reinekefuchs

tolle Idee mit diesem Thread :thumb:

@ ante

ich hatte vor Deinem Post noch nie was von einem Bernhard Mays gehört. Aufgrund Deines Beitrages habe ich aber wacker rumgegoogelt und der Junge scheint wirklich ein Riesentalent gewesen zu sein.

Uebrings stiess ich auf einen anderen offensichtlich guten Fighter:

Billy Bello, nun, sieht ein bisschen aus wien Schlagersänger und man würde ihm das Boxtalent nicht wirklich geben. Sein Boxrekord ist auch nicht wirklich beeindruckend. Allerdings wurde er nur 21 und hat das Zeitliche 2 Wochen nach seinem letzten Kampf mit einer Ueberdosis Heroin gesegnet.
Er soll ein unglaublich begabter Boxer gewesen sein und hat sein Talent mit Sicherheit tragischerweise verschenkt.

Von diesem Billy Bello würde ich gerne mal ein paar Fights sehen.
 

Ante

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Nun ja, da gibt's natürlich einerseits die, die schon durchaus einiges erreicht haben, aber, aus welchen Gründen auch immer, noch viel mehr hätten erreichen können / sollen.
Z.B. Meldrick Taylor, den der Chavez-Kampf kaputt gemacht hat, Salvador Sanchez, der einfach viel zu früh gestorben ist, Aaron Pryor, der zum Crack gegriffen hat, Mike Tyson der durch sein chaotisches Leben den Fokus verloren hat, Leon Spinks, etc., etc.

Dann gibt's die Leute, die viel Potenzial hatten, es aber im Profiboxen nie richtig auf die Reihe gekriegt haben. Hauptsächlich überragende Amateure, die den Übergang zu den Profis nie wirklich geschafft haben.
Da würden mir spontan Leute wie Audley Harrison, Howard Davis Jr., bis zu einem gewissen Grad auch Mark Breland, der zwar ne Zeit lang Weltmeister war, aber doch sehr weit hinter allen Erwartungen zurück blieb, Sugar Ray Seales, Vince Shomo (der bei den Profis wirklich gar nichts auf die Reihe gekriegt hat) einfallen, sowie viele, viele andere, wobei man auch sagen muss, dass es oft große Hypejobs gibt... Aber ich denke, die oben genannten waren wirkliche Ausnahmeboxer (vllt. mit Ausnahme von Harrison)... als Amateure, die nur den Übergang nicht geschafft haben.

Naja, und dann gibt's die Leute, die sich ihre Karriere durch irgendwelche dummen Aktionen selbst verbaut haben.
Dazu würde z.B. Mays mit seinem Alkoholismus zählen, genau so wie Ike Ibeabuchi mit der Entführung etc. (wobei er sicher auch starke psychische Probleme hatte). Auch Paul Spadafora fällt mir da ein, dessen kriminelle Karriere ihn von Größerem abgehalten hat. Allerdings hat er ja, immer noch ungeschlagen, letztens sein Comeback gegeben und sah da gar nicht so schlecht aus. Wenn ich mich recht erinner, wird er inzwischen von Pernell Whitaker trainiert, der nebenbei bemerkt, trotz gerechtfertigten Legendenstatus auch sicherlich noch mehr hätte erreichen können, wären da nicht die lieben Drogen gewesen...
Ach, und vielleicht kann man auch James Kirkland zu letzterer Kategorie dazu zählen, dessen Knastaufenthalt seiner Karriere sicherlich auch nicht gut tun wird...
 

Ante

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@ ante

ich hatte vor Deinem Post noch nie was von einem Bernhard Mays gehört. Aufgrund Deines Beitrages habe ich aber wacker rumgegoogelt und der Junge scheint wirklich ein Riesentalent gewesen zu sein.

Ich habe auch gerade noch mal nachgegoogelt, um zu gucken, dass die Details an die ich mich erinnerte wenigstens einigermaßen korrekt waren...
Die Geschichten gehen da ja schon teils weit auseinander, was die Anzahl der Amateurkämpfe angeht, etc.. Einmal steht da, dass er immer enorm talentiert war, woanders steht, dass Steward am Anfang in ihm nichts besonderes sah, und Mays erst nach 7-8 Monaten zur Kampfmaschine wurde...
Ist sicherlich auch ein wenig Legendenbildung dabei, aber mit Sicherheit auch ein großer Kern Wahrheit da drin versteckt, was sein Können und Talent angeht...
 

Chancho

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Mir fällt da Samson Po'uha ein.

Hab ihn damals auf Eurosport gesehen und dachte, der könnte im Schwergewicht was werden. Aber seine Gewichts- und Konditionsprobleme haben dann wohl leider den richtigen "Durchbruch" verhindert.
 

Günther_ P

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Mir fällt da natürlich sofort Ike Ibeabuchi ein. Der Mann hätte alle Anlagen gehabt um das Schwergewicht zu dominieren; leider hat der Typ einen an der Waffel und wird wohl nie mehr im Ring stehen.

Corrie Sanders - nuff said ;).

Außerdem fällt mir Andrew Maynard ein. Der war ein Topamateur (Goldmedaille bei Olympia 1988) und hatte auch einen vielversprechenden Start bei den Profis; allerdings ist seine Karriere dann regelrecht versackt. Er hat immer behauptet dass sein Manager und Trainer Sugar Ray Leonard daran schuld war, weil der ihn zu einem Defensivboxer machen wollte was er einfach nicht war.
 

Tobi.G

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Guillermo Jones, er hat seine Karriere wirklich verschenkt bzw. verpasst durch seine Krasse inaktivität. Dabei hat er wirklich was drauf und mit richtigen training und management wäre er ungemein stark. Ich denke er hätte sogar das Zeug dazu der beste im Cruiser zu sein.Es ist für mich ein Rätsel warum Don King seine Boxer nurnoch so selten boxen lässt.
 

Snipes

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- sam peter - total verheizt, wenig disziplin aber starker punch und kinn...
- mike tyson - in seiner prime in den knast, war auch der genickbruch für die karriere, danach war er noch ok, aber nicht der alte...
- thomas ulrich hat nicht die nerven gehabt um große kämpfe zu packen...
- kubanische boxer durch das politische system... obwohl die ja olympisch ziemlich erfolgreich sind, hätte ich savon sehr gerne als profi gesehen :cry:
 
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